Der heimliche Diebstahl des Staates bei der gesetzlichen Rente
Es klingt geradezu unglaublich. Doch ohne dass es großen Teilen der Bevölkerung auffällt, wird seitens des Staates an der gesetzlichen Rentenversicherung herumgekürzt. Oftmals fallen diese rafinierten Tricks nur Experten auf und der Bevölkerung gehen teilweise hunderte von Euros sowie ganze Beitragsjahre verloren.
Mein 56-jähriger Vater hat es letzte Woche mal wieder schwarz auf weiß bekommen. In einem Brief der Deutschen Rentenversicherung Bund heißt es „Die Deutsche Rentenversicherung – Ihr verlässlicher Partner von Anfang an“. Dort steht ein Anspruch, welcher er bis jetzt erworben hat und eine Hochrechnung des Wertes bis zum Renteneintrittsalter (wenn er so wie jetzt weiter verdient), wie er sein könnte. Und genau dies ist das wichtigste Wort. „Könnte“… Denn es könnte auch durchaus weniger werden! Zusätzlich steht dort nämlich auch noch „Gesetzliche Änderungen können sich auf Ihre zu erwartende Rente auswirken“.
Doch wie soll man diesen Satz als Verbraucher interpretieren?
Letztendlich nichts anderes, als dass bereits schon seit Jahren der Staat kräftig an den Renten herumkürzt und dies auch zukünftig immer wieder tun wird, wenn es notwendig erscheint. Es gibt Rentner, welche allein in den letzten zehn Jahren seit 2002 gesetzliche Rente im Gegenwert von rund fünf Beitragsjahren verloren haben.
Denn im Kalenderjahr 2002 lag das Rentenniveau noch bei 54 Prozent des Einkommens. Heute, also lediglich 10 Jahren später, liegt dieses bei ungefähr der Hälfte, also 50 Prozent des Einkommens. Nach aktuelle Hochrechnungen wird es sich zukünftig bis zum Jahr 2030 auf ungefähr 43 Prozent noch weiter verringern.
Doch viele fragen sich, wie kann das gehen? Wie kann das sein, dass der Gesetzgeber einfach meine Rente absenkt, wo ich doch jetzt gerade einzahle und andere im Verhältnis zu mir überpropotional profitieren?
Die Antwort ist letztendlich leicht gegeben. Der Gesetzgeber hat in die Rentenformel mittlerweile unterschiedliche Stellschrauben eingebaut, wo er die zunkünftige Rente mit beeinflussen kann. Vereinfach dargestellt besteht die Rentenformle aus vier Faktoren:
- persönliche Entgeltpunkte
- Zugangsfaktor
- Rentenfaktor
- aktueller Rentenwert
Persönliche Entgeltpunkte
Bei versicherungspflichtigen Arbeitnehmern wird jeden Monat ein gesetzlich festgelegter Prozentsatz (maximal bis zur Beitragsbemessungsgrenze) an den jeweiligen Rentenversicherungsträger überwiesen. Dabei gilt das paritätische Prinzip, sprich der Arbeitgeber zahlt die Hälfte.
Wer immer wie der Durchschnittsdeutsche verdient bekomt pro Jahr einen Entgeltpunkt gutgeschrieben. Zwei Entgeltpunkte erhält derjenige, der über der Beitragsbemessungsgrenze erhält.
Aber auch für zeitlch begrenzte, rentensteigernde beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten wie beispielsweise bei Mutterchutz, Kindererziehungszeit, Arbeitsunfähigkeit und viele weitere erhöhen das Punktekonto.
Zugangsfaktor
Wenn man die seine Altersrente zum gesetzlich vorgeschriebenen Renteneintrittsalter in Anspruch nimmt liegt der Faktor genau bei 1,000. Jeder Monat vor dem vorgeschriebenen Rentenbeginn ergibt eine Abzug von 0,3 Prozent und somit verringert sich der Faktor um 0,003. Bei einem späteren Rentenbezug erhöht sich der Faktor analog zur Reduzierung um 0,5 Prozent, oder auch 0,005.
Rentenfaktor
Dieser Faktor der Rentenformel berücksichtigt unterschiedliche Formen der Rente:
- Faktor 1,0 – Rente wegen Alters
- Faktor 0,5 – Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
- Faktor 1,0 – Rente wegen voller Erwerbsminderung
- Faktor 1,0 – Erziehungsrenten
- Faktor 1,0 (anschließend 0,25) – Kleine Witwen- und Witwerrente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist
- Faktor 1,0 (anschließend 0,55) – Große Witwen- und Witwerrente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist
- Faktor 0,1 – Halbwaisenrente
- Faktor 0,2 – Vollwaisenrente
Aktueller Rentenwert
Dieser Wert wird jedes Jahr immer wieder neu berechnet. Auch hier liegt eine sehr komplizierte Formel zu Grunde, welche die unterschiedlichen Lohnverhältnisse der alten und neuen Bundesländerberücksichtigt. Aus diesem Grunde gibt es zwei verschiedene Rentenwerte. Der aktuelle (2012) Rentenwert für Westdeutschland beträgt 28,07 Euro. Rentner aus den neuen Bundesländern erhalten nur einen Rentenwert von 24,92 Euro.
Fazit:
Sie sehen, dass der Gesetzgeber unterschiedliche Stellschrauben in den letzten zehn Jahren in die Rentenformel eingebaut hat. Es ist ziemlich kompliziert. Und die Renten steigen ohnehin noch langsamer als die Einkommen. Denn auch demografische Faktoren werden zusätzlich mit einberechnet. Private Vorsorge in Form der staatlich geförderten Riester-Rente oder der betrieblichen Altersversorgung ist demnach immer wichtiger geworden.